Der Deutsche tat sich immer schon schwer mit Trinkgeldern. Dass es überhaupt eine Diskussionsthema ist, wenn man es sich in einem schwimmenden Luxushotel mit Vollpension gutgehen lässt, während Horden geringbezahlter Philippinos um einen herumwuseln und im besten Falle die Wünsche von den Augen ablesen, finde ich beschämend.
Als Kreuzfahrer, ob es nun ein MSC-Billigtrip für 299,- EUR ist oder die kostspielige Luxusvariante, schippert man auf der Sonnenseite des Lebens. Dies beweist allein schon das Dasein an Bord als Passagier.
Dass es sich im amerikanisch dominierten Kreuzfahrtmarkt eingebürgert hat, dem Personal einen Teil seines Gehaltes in Form eines Serviceentgeltes zukommen zu lassen, welches den Bordkonten der Passagiere in Rechnung gestellt wird, ist eine Entscheidung, die man akzeptieren kann oder auch nicht. Wenn man etwas dagegen hat, sollte man bei einer Reederei nicht buchen, die diese Praxis betreibt und eine andere wählen, bei der alle Serviceentgelte im Reisepreis enthalten sind. Auch sollte er diesen Reedereien sagen, was ihm daran nicht passt.
Keinesfalls sollte aber die unliebige Reedereipolitik an deren Mitarbeitern ausgelassen werden, denn die können nichts dafür und sind froh, überhaupt einen Job zu haben. Mit diesem ernähren sie in der Heimat ganze Großfamilien und auch wenn sie auf einem Kreuzfahrtschiff mehr verdienen als sie das auf den Philippinen könnten - es reicht oft nicht mehr als für einen einzigen Heimatbesuch in einem Dreivierteljahr. Bitte bedenkt, dass es in einer Großfamilie den Unterschied ausmachen kann zwischen "Kinder in die Schule schicken" oder "Kinder bei der Ernte arbeiten lassen", wenn man auf einem Kopfkissen ein paar Münzen oder Scheine hinterlässt oder eben nicht. Das, was wir mit Bauchgefühl und aus einer Laune heraus entscheiden können, ist bei anderen Menschen existenzentscheidend. Daher kann man hier nur an das Verantwortungsgefühl appellieren - und nochmal: die schwächsten Glieder eines Kreuzfahrtkonzerns sollte man nicht für Dinge bestrafen, die man im Rahmen der Unternehmenspolitik ablehnt.
Da aber bei vielen Reedereien die Servicepauschale ein Gehaltsbestandteil ist, sollte man sich mit der Idee anfreunden, dass es eben schon dann eine gerechtfertigte Zahlung sei, wenn die Leistung an Bord schlichtweg "OK" war. Wird einem dagegen eine gute, sehr gute oder exzellente Leistung erbracht, ist hier sehr wohl ein Extratrinkgeld angebracht. Schon der Begriff Tringeld ist ein Irrsinn, denn wir dürfen davon ausgehen, dass der Durchschnittsbeschäftigte in Bar, Restaurant oder Zimmersteward sicher nicht seine Extrazuwendung versaufen wird.
Mein Zimmersteward findet täglich mindestens 5 USD auf meinem Kopfkissen und bislang habe ich noch keinen konkreten Anlass gehabt, dieses Bonbon nicht für ihn zu hinterlegen.
Darüberhinaus möchten auch Mitarbeiter im Dienstleistungsbereich mit Respekt behandelt werden. Ich kann dazu mehr als nur ein Liedchen singen, denn als Servicekraft im Luftverkehr begegnen mir täglich einige, die durchaus nicht zu den Ärmsten zählen, die sich aber ganz deftig im Ton vergreifen. Wie es in den Wald hineinschallt..... das gilt überall, und auch auf dem Schiff.